Geschlechtergerechte Sprache – welch herrlicher Zankapfel. Manche sehen in entsprechenden Bemühungen – wie im „Gender Mainstreaming“ insgesamt – den Untergang des Abendlandes heraufziehen; manchen ist es viel zu kompliziert, ständig auf die eigene Ausdrucksweise zu achten; und wieder andere halten es schlicht für überflüssig, in der Sprache zwischen männlicher und weiblicher Form zu differenzieren.
Die Publizistin Birgit Kelle erkennt ein „unfassbares Gender Gaga“ und spricht damit weit mehr als nur der geschlechtergerechten Sprache ihre Daseinsberechtigung ab. Mit ihrer Einstellung – wenngleich in einer ausgesprochen polemischen Variante – ist sie jedoch wahrlich nicht alleine. Laut einer repräsentativen Umfrage lehnt die Mehrheit der Menschen in Deutschland die geschlechtergerechte Sprache ab. Das sogenannte Binnen-I wie in „BürgerInnen“ oder das Gendersternchen wie in „Mitarbeiter*innen“ finden demzufolge gerade einmal 14 Prozent „voll und ganz“ unterstützenswert, während über 40 Prozent eine ablehnende Haltung einnehmen.
Avantgardistische Experimente
Das Bemühen um eine diskriminierungsfreie Sprache hat schon so manch hitzig umstrittene Blüte getrieben. Die Universität Leipzig etwa hat sich 2013 eine neue Verfassung gegeben und mit ihr das viel diskutierte „generische Femininum“ eingeführt. Seither ist nur noch von „Professorinnen“ die Rede, die Professoren sind stets mitgemeint. Ganz so, wie es in unserer Alltagssprache auf umgekehrte Weise seit ewigen Zeiten der Fall ist: Jemand sagt „Politiker“ und meint meist implizit auch Politikerinnen. Warum also diese Aufregung?! Die Berliner Professorin Lann Hornscheidt schlug vor ein paar Jahren vor, statt von „Professor“ oder „Professorin“ fortan von „Professx“ zu sprechen und somit die traditionelle Geschlechtertrennung in der Sprache gleich ganz aufzuheben. Ein radikaler Vorschlag, ohne Zweifel – aber was ist mit Menschen los, die durch solche Äußerungen zu Hassmails und sogar Mordaufrufen provoziert werden?
Sprache lebt
Über eines braucht man sich bei diesem Thema wohl nicht streiten: geschlechtergerechte Sprache ist oft kompliziert, umständlich und geht einem – insbesondere beim gesprochenen Wort – höchst schwer über die Lippen. Aber: ein Teil des Unbehagens ist sicher schlicht darauf zurückzuführen, dass diese Ausdrucksweise für uns ungewohnt ist. Und außerdem: Nur weil etwas ein wenig unbequem ist, heißt das noch lange nicht, dass man es unter den Tisch fallen lassen kann. Sprache ist mächtig. Sie bildet die Welt nicht nur ab, sondern gestaltet sie mit. Wir stehen vor der großen Herausforderung, unsere Sprache so zu entwickeln, dass sie nicht konsequent die Hälfte der Menschen ausschließt, dabei aber ihre Schönheit und Eleganz bewahren kann. Goethe und Schiller drehten sich sicher im Grabe herum, als sie das Jugendwort des Jahres 2017 – „i bims“ statt des Korrekten „ich bin es“ – hörten. Etwas mehr Reflektion im Hinblick auf weibliche und männliche Formen wird unsere Sprache da schon nicht zu Fall bringen. Packen wir es an!