Von Quick-Wins, No-Brainern und der Schönheit der Sprache

Der Journalist Andreas Hock forderte zum Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar: „Schluss mit den Angeberanglizismen!“ Er kritisiert dabei insbesondere die seiner Ansicht nach „modernen Marktschreier“ in Media- und PR-Agenturen. Sie hätten „mithilfe einer kruden Mischung aus Deutsch und Englisch eine Fantasiesprache kreiert, die einen Sprachpuristen schaudern lässt“. Die Autorin dieses Beitrags würde sich vielleicht nicht als Sprachpuristin bezeichnen, mindestens aber doch als Liebhaberin von Sprache – der englischen wie auch der deutschen. Und Anglizismen sind wahrlich nichts per se Verwerfliches, solange sie nicht genutzt werden, um fehlende inhaltliche Substanz zu verschleiern oder Verwirrung zu stiften. Also: Anglizismen oder keine Anglizismen? Die Antwort lautet wie so oft: Jein – es kommt darauf an.

Zunächst einmal scheinen gerade Wirtschaftsunternehmen unter teils wilder Sprachverwirrung zu leiden. Entwürfe werden zu „Drafts“, die Rechtsabteilung wird zu „Legal“, Dokumente werden „downgeloaded“, Vorschläge „gematched“ und das Team muss endlich „ins Doing“ kommen. Der Wirtschaftsjournalist Tom Hillenbrand und seine Website Beratersprech haben dazu sogar ein Buch mit den Höhepunkten der sprachlichen Unfälle herausgebracht. Der Titel? „Revenuetechnisch hat unser CEO zurzeit zero Visibility.“ Könnte man sich nicht schöner ausdenken.

Damit es keine Missverständnisse gibt: Unternehmen – ob Mittelstand oder Großkonzern –, in denen die Kommunikation mit ausländischen Kollegen und Kunden an der Tagesordnung ist, müssen auch ihre Begrifflichkeiten internationalisieren. Aber hier steigt man meist ohnehin auf Englisch als Arbeitssprache um – und verzichtet auf das unsägliche Gewurschtel aus Anglizismen und kreativer Wortfindungsstörung.

So Englisch wie nötig, so präzise wie möglich

In der Kommunikationsbranche gibt es zahlreiche Ausdrücke, die aus der englischen Sprache heraus entstanden sind und in der deutschen Übersetzung irgendwie an Bedeutung verlieren. „Content“, „Awareness“ und „Storytelling“ sind etwas anderes als „Inhalt“, „Aufmerksamkeit“ und „Geschichten erzählen“. Und das Wörtchen „smart“ besitzt eine andere Konnotation als „intelligent“ oder „pfiffig“ im Deutschen. Dennoch sollten wir wachsamen Auges beobachten, ob wir wirklich sagen, was wir meinen und meinen, was wir sagen. Sprachen – alle! – sind etwas Wundervolles und verdienen es, mit Respekt behandelt zu werden.

Der Themenbereich Digitalisierung ist ebenfalls von vielen englischen Ausdrücken geprägt. Zahlreiche Beispiele aus unserem ABC-Wiki belegen, dass sich vieles nur unzureichend ins Deutsche übertragen ließe, ohne dabei einen Bedeutungsverlust zu riskieren. Die Sprache der digitalen Technologien ist nun einmal zumeist allererst Englisch. Für Worte wie „Big Data“, „Podcast“ oder „Open Source“ gibt es einfach keine vernünftige Alternative. Das bedeutet aber im Umkehrschluss auch: Wenn künftig hierzulande mehr digitale Innovationen entwickelt würden, gingen die entsprechenden neuen Begrifflichkeiten dafür vielleicht auch in den Wortschatz von Südkoreanern, Brasilianern oder Schweden ein. In diesem Sinne: Lassen Sie uns die Challenge accepten!