Die Themen Streit und Streitkultur haben im Zusammenhang mit Unternehmen beinahe so viele Facetten wie das Handelsregister Einträge. Streit zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, Streit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, Streit um Unternehmensnachfolgen, Streit um Verantwortung für Fehlverhalten, Streit um die Urheberschaft einer brillanten Idee… Die Aufzählung ließe sich beliebig verlängern. Um welches Kriegsbeil es im Einzelnen auch immer gehen mag: als Außenstehender fragt man sich oft, wie eine Sache eigentlich so den Bach runter gehen konnte.
Meine Marke, Deine Marke
Zwischen Unternehmen wird gerne mal gestritten bis die Fetzen fliegen. Oder bis man sich vor Gericht wiedersieht. Götz Rehn, Chef der Bio-Supermarkt-Kette Alnatura, und dm-Gründer Götz Werner fechten seit einiger Zeit eine Fehde der besonderen Art aus. Sie sind nicht nur jahrzehntelang befreundet gewesen, sondern auch miteinander verschwägert. Dennoch endet ihre Geschäftsbeziehung – und damit vielleicht auch jedes freundschaftliche Gefühl füreinander – nun vorläufig in einem unschönen Rechtsstreit. Und obwohl diese Auseinandersetzung sicher für keinen der Beteiligten vergnügungssteuerpflichtig ist, muss man ihnen Eines zu Gute halten: bislang blieb die ganze Angelegenheit zumindest für die Augen der Öffentlichkeit auf einem sehr sachlichen Niveau. Schmutzige Wäsche sucht man hier vergeblich.
Blut ist dicker als Wasser?
Andere Unternehmerfamilien verstehen sich jedoch bestens darauf, die Klatschspalten mit Skandalen und pikanten Details zu füllen. Die Bettencourts, Großaktionäre des französischen Kosmetikimperiums L’Oréal, lieferten sich über Jahre eine Publicity-trächtige Make-up-Schlacht um Betrug, Bestechung und Erbschleicherei. In jüngster Vergangenheit hat sich auch der Bielefelder Lebensmittelkonzern Oetker beim Zwist um die Unternehmensnachfolge nicht gerade mit Pudding bekleckert. So manches Mal hat eine Familienfehde sogar schon dazu geführt, dass aus einem Unternehmen plötzlich zwei wurden: ob Aldi Nord und Aldi Süd, Adidas und Puma oder Bahlsen und Lorenz – die Liste der Scheidungen ist lang.
Mein Name ist Hase
Während es bei Nachfolgestreits gerade in Familienunternehmen mitunter ein bißchen zu heiß her geht, wäre etwas mehr offener Disput in anderen Feldern durchaus angezeigt. Gerade bei wirtschaftlichen Skandalen und rechtswidrigem Verhalten dürfen wir oft beobachten, wie nach Herzenslust geleugnet, ausgewichen und anderen die Schuld in die Schuhe geschoben wird. Statt proaktiv und mutig die Auseinandersetzung zu suchen und mit den Konsequenzen des eigenen (Fehl-)Verhaltens zu leben, setzen viele Menschen in Unternehmen noch viel zu oft auf die Salamitaktik. Nach dem Motto: ich weiß solange von nichts, bis mir jemand das Gegenteil beweisen kann. Mag sein, dass ein solches Verhalten einem gewissen Urinstinkt zum Selbstschutz entspringt – mit positiver Streitkultur hat es indes nur wenig gemein.